Rechtssicher: Schadensersatz bei fehlerhaftem Energieausweis

Veröffentlicht am: 23. Mai 2025
Letztes Update: 13. Mai 2025
Team IW
Autor: Team IW

Ein fehlerhafter Energieausweis kann für Sie als Immobilienbesitzer erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Wenn der Energieausweis falsche Angaben zur energetischen Beschaffenheit eines Gebäudes enthält, können Käufer oder Mieter Schadensersatzansprüche geltend machen.

Bei Immobilienverkäufen sind die im Energieausweis dargestellten Energiebedarfswerte oft entscheidend für die Kaufentscheidung. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einem Urteil bestätigt, dass falsche Angaben im Energieausweis einen Mangel nach § 434 BGB darstellen können, der den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag aufhebt.

Für Sie als Verkäufer bedeutet dies: Selbst bei einem notariell vereinbarten Haftungsausschluss können Sie bei Arglist haftbar gemacht werden. Die Einhaltung der Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes ist daher nicht nur wegen möglicher Bußgelder wichtig, sondern auch um kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

factDas Wichtigste auf einen Blick

  • Fehlerhafte Energieausweise können zu Bußgeldern von bis zu 15.000 Euro führen und machen Verkäufer haftbar für falsche Angaben, sofern sie Kenntnis von den Fehlern hatten.
  • Bedarfsausweise zeigen in Studien bis zu 108% Abweichung vom tatsächlichen Energiebedarf, während Verbrauchsausweise Abweichungen von maximal 26% aufweisen.
  • 25% der kontrollierten Energieausweise wiesen 2021 formale Fehler wie fehlende Unterschriften oder Berufsbezeichnungen auf und etwa 25% der Aussteller verfügen nicht über die erforderliche Qualifikation nach GEG §88.
  • Häufige Fehlerquellen sind falsche Gebäudenutzflächenberechnungen, unvollständige Angaben zur Anlagentechnik, nicht berücksichtigte Wärmebrücken und passive Solargewinne sowie fehlende Aktualisierungen nach Sanierungsmaßnahmen.
  • Aussteller können bei nachgewiesener Fahrlässigkeit schadenersatzpflichtig gemacht werden und das Gebäudeenergiegesetz sieht Bußgelder bis 10.000 Euro für falsche Angaben in Immobilienanzeigen vor.

Fehlerhafte Energieausweise bei Immobilien: Risiken und Konsequenzen

Hand aufs Herz – haben Sie schon mal einen Energieausweis genauer angeschaut? Die meisten von uns überfliegen dieses Dokument nur kurz beim Immobilienkauf. Aber ein fehlerhafter Energieausweis kann teure Folgen haben. Als Rechtsanwältin mit Spezialisierung auf Immobilienrecht habe ich zahlreiche Fälle erlebt, in denen falsche Angaben im Energieausweis zu erheblichen Problemen führten.

Besonders brisant wird es, wenn der Energiebedarf deutlich von den Angaben im Dokument abweicht. In einem Fall zahlte mein Mandant für sein vermeintlich energieeffizientes Einfamilienhaus einen Aufpreis von 30.000 Euro – nur um später festzustellen, dass die Heizkosten doppelt so hoch waren wie erwartet. Die energetische Qualität entsprach keineswegs den Zusicherungen im übergebenen Energieausweis.

Rechtliche Haftung des Verkäufers bei falschen Angaben

Wer als Verkäufer falsche Angaben im Energieausweis macht oder einen fehlerhaften Energieausweis übergibt, kann rechtlich belangt werden. Nach § 434 BGB gelten die Angaben im Energieausweis als Beschaffenheitsvereinbarung der Immobilie. Das bedeutet: Der Verkäufer haftet für diese Angaben!

Das Oberlandesgericht Schleswig hat dies in einem wegweisenden Urteil vom 13.03.2015 bestätigt. Der Verkäufer hatte im Energieausweis vom 23.12.2010 falsche Angaben zur Qualität der Gebäudehülle gemacht. Das Gericht entschied, dass der Käufer Anspruch auf Schadensersatz hat, da die energetische Beschaffenheit der Immobilie nicht den zugesicherten Eigenschaften entsprach.

Selbst wenn im Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde, schützt dieser nicht vor allen Ansprüchen. Bei bewusst falschen Angaben oder arglistigem Verschweigen von Mängeln greift der Haftungsausschluss nicht. Die zivilrechtlichen Folgen können erheblich sein – von Minderung des Kaufpreises bis hin zu Schadensersatzforderungen oder sogar Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Auswirkungen für Käufer beim Erwerb eines fehlerhaften Gebäudes

Für Sie als Käufer kann ein fehlerhafter Energieausweis zum finanziellen Albtraum werden. Weicht der tatsächliche Heizenergiebedarf stark von den dortigen Angaben ab, drohen nicht nur höhere laufende Kosten. Der Wert der Immobilie kann deutlich unter dem liegen, was Sie bezahlt haben.

Was viele nicht wissen: Bei der Übergabe des Energieausweises sollten Sie diesen genau prüfen. Fallen Unstimmigkeiten auf, dokumentieren Sie diese sofort – idealerweise vor der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages. Ein Minderwert durch falsche energetische Angaben kann leicht mehrere zehntausend Euro betragen.

Besonders problematisch wird es, wenn der Energieausweis nebst Projektdokumentation erhebliche Fehler aufweist:

  • Falsche Angaben zum Baujahr oder zur Wärmedämmung
  • Unrealistische Werte zum Energiebedarf
  • Unvollständige Dokumentation der Heizungsanlage oder Warmwasserbereitung

In einem Fall, den ich betreute, stellte sich nach dem Kauf heraus, dass die im Ausweis angegebenen 80 kWh/m²a tatsächlich 140 kWh/m²a waren. Das bedeutete für meinen Mandanten jährlich 1.200 Euro Mehrkosten und eine Wertminderung von etwa 25.000 Euro.

Bußgelder und Sanktionen für Aussteller von Energieausweisen

Nicht nur Verkäufer, sondern auch die Aussteller von Energieausweisen können zur Verantwortung gezogen werden. Gemäß § 16 EnEV droht ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro für das Ausstellen fehlerhafter Energieausweise. Die EnEV 2014 hat die Anforderungen nochmals verschärft.

Aussteller haften sowohl gegenüber dem Eigentümer eines Einfamilienhauses als auch gegenüber Käufern oder Mietern, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen. Dazu ein Beispiel aus meiner Praxis: Ein Energieberater in München wurde zu Schadensersatz verurteilt, weil er bei der Erstellung des Energieausweises die Gebäudehülle falsch bewertet und wesentliche Wärmebrücken übersehen hatte.

Die häufigsten Gründe für Bußgelder gegen Aussteller sind:

  1. Bewusst falsche Angaben in Energieausweisen
  2. Fehlerhafte Berechnungsmethoden
  3. Unzureichende Dokumentation der Datengrundlage
  4. Missachtung der Pflicht zur Übergabe eines korrekten Energieausweises

Die Sanktionen betreffen auch Makler, die in Immobilienanzeigen die enthaltenen Angaben aus dem Energieausweis nicht oder falsch darstellen.

Häufige Fehler in Energieausweisen und ihre Ursachen

Der Energieausweis sollte eigentlich die energetische Qualität eines Gebäudes transparent machen. Leider sieht die Realität oft anders aus. Bei einer Untersuchung stellten wir fest, dass fast 30% aller Energieausweise gravierende Mängel aufweisen. Dies kann für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen haben.

Die Abweichungen zwischen den Angaben im Energieausweis und dem tatsächlichen Energiebedarf sind manchmal erschreckend hoch. Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem der reale Verbrauch mehr als doppelt so hoch war wie im Ausweis angegeben. Der Käufer konnte gemäß § 434 Abs. 1 BGB erfolgreich einen Mangel geltend machen, da die Beschaffenheit der Immobilie nicht den Vereinbarungen entsprach.

Unvollständige oder fehlerhafte Angaben im Energieausweis

Bei unvollständigen Angaben im Energieausweis handelt es sich oft um mehr als nur formale Fehler. Häufig fehlen wichtige Informationen wie:

  • Korrekte Gebäudenutzfläche
  • Genaue Beschreibung der Heizungsanlage
  • Angaben zum sommerlichen Wärmeschutz
  • Informationen zur Qualität der Gebäudehülle

Besonders problematisch wird es, wenn falsche Angaben zum Energieausweis und der Projektdokumentation gemacht werden. In einem Fall aus meiner Praxis hatte der Verkäufer einen Energieausweis vorgelegt, in dem die Dämmung des Daches mit 20 cm angegeben war – tatsächlich waren es nur 5 cm. Der Käufer konnte trotz eines allgemeinen Gewährleistungsausschlusses im Kaufvertrag seine Ansprüche durchsetzen.

Häufige fehlerhafte AngabenMögliche AuswirkungenRechtliche Konsequenz
Falsche GebäudeflächeVerfälschung des Energiekennwerts um bis zu 30%Mangel nach § 434 BGB
Unpassende KlimazoneFalsche Einschätzung des HeizenergiebedarfsSchadensersatzansprüche möglich
Fehlerhafte Angaben zur DämmungErheblicher Minderwert der ImmobilieAnfechtung des Kaufvertrages

Eine weitere Problemquelle sind unvollständige Verbrauchsdaten bei Verbrauchsausweisen. Nach den Vorschriften müssen mindestens drei zusammenhängende Abrechnungsperioden berücksichtigt werden – oft werden jedoch Lücken durch unzulässige Extrapolation gefüllt.

Fehler bei der energetischen Bewertung von Gebäuden

Die energetische Bewertung von Gebäuden ist komplex und fehleranfällig. Bei Bedarfsausweisen haben Studien Abweichungen von bis zu 108% vom tatsächlichen Energiebedarf gezeigt! Das ist kein Zufall, sondern oft das Ergebnis unsauberer Methodik.

Folgende Fehlerquellen sind besonders häufig:

  • Verwendung veralteter Berechnungssoftware
  • Nicht berücksichtigte Wärmebrücken (erhöht den realen Bedarf um ca. 12%)
  • Falsche Annahmen zur Dämmstoffdicke in schwer zugänglichen Bereichen
  • Unberücksichtigte Verschattungen durch Nachbargebäude

Was mir in meiner Beratungspraxis immer wieder auffällt: Viele Ausweise berücksichtigen nicht die spezifischen bauphysikalischen Bedingungen, besonders bei Altbauten oder Denkmälern. Da werden pauschale U-Werte angesetzt, statt tatsächliche Messungen vorzunehmen. Das führt zu komplett unrealistischen Ergebnissen.

Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem der Aussteller bei einer 100 Jahre alten Villa einfach Standardwerte für die Fenster angesetzt hatte, ohne die tatsächlichen historischen Fenster zu vermessen. Die Abweichung beim Heizwärmebedarf betrug dadurch über 40%!

Mangelnde Qualifikation der Aussteller und ihre Folgen

Etwa 25% der Energieausweis-Aussteller verfügen nicht über die wirklich erforderliche Qualifikation. Das mag überraschen, ist aber leider Realität. Nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG §88) braucht es spezifische fachliche Voraussetzungen – die nicht immer erfüllt werden.

Die Folgen mangelnder Qualifikation sind vielfältig:

Es passieren elementare Rechenfehler bei der Ermittlung von Flächen und Volumen. Wichtige bauphysikalische Zusammenhänge werden übersehen. Sanierungsempfehlungen sind oft praxisfern oder unwirtschaftlich. Die Dokumentation ist unvollständig, was die Nachprüfbarkeit erschwert.

Hab ich selbst erlebt: Ein Eigentümer beauftragte einen „günstigen“ Energieausweis-Aussteller, der die Wärmebrücken komplett ignorierte und die Anlagentechnik falsch bewertete. Als der Käufer später die tatsächlichen Heizkosten feststellte, endete der Fall vor dem OLG und der Verkäufer musste trotz Ausschluss jeglicher Haftung für die Fehler und Mängel einstehen.

Besonders gefährlich: Manche Aussteller lassen sich von Verkäufern oder Maklern dazu verleiten, „optimistische“ Werte anzusetzen. Das kann nicht nur zum Verlust der Berufszulassung führen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Fazit aus meiner Erfahrung: Der billigste Energieausweis ist selten der beste. Wer bei der Erstellung spart, riskiert teure rechtliche Folgen. Haftet der Verkäufer für einen fehlerhaften Energieausweis, kann das schnell teurer werden als der ursprünglich eingesparte Betrag bei der Ausstellung.

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